Prokrastination – so entsteht die nervige Angewohnheit

Mit diesen Experten-Tipps vertrödelst du keine Zeit mehr

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Lesedauer: 6 Minuten2018-05-28
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1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 – wo ist denn die Zeit geblieben? Hast du auch oft das Gefühl, dass dir die Stunden, Tage, Monate nur so unter den Fingern zerrinnen und du gefühlt gar nichts geschafft hast? Kein neues Projekt an den Start gebracht? Niemanden kennengelernt? Nicht den Traumbody erlangt? Entspannung ist wichtig und bewusstes Nichtstun gehört zu den schönsten Dingen im Leben. Aber: Viel zu oft tun wir nichts, obwohl wir eigentlich gerade nicht nichts tun wollen.

Und das ist Stress für die Psyche. 1000 Dinge stünden an, man müsste anfangen, der Kopf fährt Karussell und die Produktivität ist gleich Null. An bewusste Entspannung ist dann schon gar nicht zu denken – man hat sie sich ja nicht verdient. Denkt man zumindest, wenn das schlechte Gewissen nagt. Am liebsten würde man sich unter der Bettdecke verkriechen und außer Netflix niemanden mehr in sein Leben lassen.

Was ist Prokrastination: Wieso, weshalb, warum?

Prokrasti-was? Prokrastination bedeutet das extreme Aufschieben von Aufgaben. Das kann z.B. durch fehlende Konzentration passieren, wenn du das Erledigen einer Aufgabe ständig weiter nach hinten verschiebst und ist so gesehen eine Störung im Arbeitsverlauf. Vielen Menschen gelingt es erst unter ziemlich hohem Druck, die Aufgabe fertig zu stellen. Aber keine Sorge: die meisten Menschen verschieben Aufgaben und gehen sie nicht direkt an.

Warum vertrödeln wir Zeit, obwohl wir eigentlich produktiv sein wollen? Auch wenn das Gefühl, jetzt gerade nicht anfangen zu können, erst einmal ein diffuses ist – meistens steckt ein bestimmter Grund dahinter. Manchmal sogar mehrere.

Unsere Experten:

  • Prof. Dr. Susanne Edinger begleitet als Coach bei Erfolgreich Bestehen vor allem junge Menschen auf dem Weg ins Berufsleben.
  • Mathis Uchtmann ist Trainer, Autor und Coach. Er unterstützt Unternehmer dabei, sich Aufgaben fokussiert und produktiv zu widmen.
  • Dipl.-Psych. Markus Dörr ist Impulsgeber und Autor für Selbst- und Zeitmanagement. In Seminaren lehrt er wirksame Methoden für erfolgreiche Organisation und Kommunikation.

Unsicherheit / Angst zu Scheitern

Neigst du dazu, Dinge aufzuschieben? Hast du dich schon einmal gefragt, ob nicht Faulheit dein Problem ist – sondern Unsicherheit? Bist du dir nicht sicher, wie du eine bestimmte Aufgabe angehen sollst? Hast du Angst, dass das Ergebnis den Ansprüchen nicht genügt? Wenn du sehr ehrgeizig und perfektionistisch bist, liegt hier mit hoher Wahrscheinlichkeit der Hauptgrund, warum du nicht in die Gänge kommst. Vielleicht hast du dir auch zu viel auf einmal aufgeladen und Angst, nicht fertig zu werden?

Prof. Dr. Susanne Edinger rät: „Wie isst man einen Elefanten? Bissen für Bissen! Das gilt auch für anspruchsvolle Aufgaben und große Arbeitsberge. Wenn dir die Menge der To-dos über den Kopf zu wachsen droht, dann versuche es mit der 2-Minuten-Regel: Alles, was man innerhalb von 2 Minuten erledigen kann, sollte man sofort erledigen! Das kann das Wegräumen der Sportsachen sein, eine E-Mail, eine Überweisung und so weiter. Länger als 2 Minuten solltest du aber auch nicht daran arbeiten. Stelle dir auf alle Fälle den Timer! Zwei Minuten sind viel länger als man denkt!”

Fehlender Fokus

Ich werde jetzt … huuuiii, ein Vögelchen! Lässt du dich schnell ablenken? Facebook, WhatsApp, Instagram, Snapchat … Dass Social Media der eigenen Produktivität meistens eher schaden als nutzen, dürfte bekannt sein. Hinzu kommt: Die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmt immer mehr. Das muss prinzipiell nicht schlecht sein. Aber: Sich bewusst den Ablenkungen des 21. Jahrhunderts zu entziehen und sich auf eine einzige Aufgabe zu konzentrieren, fällt vielen Menschen sehr schwer. Wer es dennoch schaffen möchte, produktiv zu sein (auch wenn das nächste Katzenvideo nur einen Klick entfernt ist), braucht einen Plan. Coach Susanne Edinger rät:

„Hier hilft der Stundentrick: Du bist sicher schon zu alt, um dich wie ein dreijähriges Kind ablenken zu lassen. Nimm dir ein Zeitfenster, von dem du überzeugt sagen kannst ‘Das werde ich ja wohl noch hinbekommen!’ Bei mir ist es oft eine Stunde, aber wenn 20 min sich für dich gut anfühlen, dann nimm diese. In dieser Zeit bist du offline (das bist du ja nachts im Schlaf auch und überlebst es). Stell dir einen altmodischen Wecker vor die Nase und was zu trinken bereit und beschäftige dich genau diese Zeitspanne nur mit der Aufgabe.

Wenn die Zeit rum ist, darfst du alles fallen lassen und aufhören! Auch wenn du nicht fertig geworden bist. Du konzentrierst dich nur auf die Zeitspanne, nicht auf das Ergebnis. Probiere es aus – und lass dich überraschen! Übrigens: Solltest du nach Ablauf der Zeit gerade so schön drin sein, dann hält dich natürlich niemand davon ab, weiterzumachen. Aber nur dann!“

Schlechtes Zeitmanagement

Wenn du weißt, was du zu tun hast und wieviel Zeit du ungefähr für welche Aufgabe benötigst, kannst du auch planen, wann du sie erledigst. Es ist ein alter Hut, aber: eine To-do-Liste kann Wunder wirken. Mathis Uchtmann empfiehlt einen kleinen Trick, um mehr Spaß und Fokus im Alltag zu haben: Post-Its. „Werfen Sie am Vorabend oder am Morgen einen Blick in Ihren Kalender und auf Ihre ToDo-Liste. Für jede Aufgabe erstellen Sie ein Post-It und bringen diese bereits in die Reihenfolge der Abarbeitung.“ Die Post-Its können nun nacheinander abgearbeitet werden und geben dir das Gefühl etwas geschafft zu haben. Das motiviert dich, auch größere Aufgaben anzugehen.

Zum Thema Zeitmanagement gehört auch, auf die innere Uhr zu achten. Arbeiten, wie es dem eigenen Körper gerade guttut, ist in manchen Jobs natürlich einfacher als in anderen. Aber auch im Büro kannst du einiges tun, um nervige „Ich bekomme gerade nichts gebacken“-Momente zu vermeiden. Wenn du z. B. merkst, dass du nachmittags nicht kreativ arbeiten kannst, gib morgens Gas und lege administrative Aufgaben bewusst auf den Nachmittag. Auch Gleitzeit-Regelungen oder ein Location-Wechsel während des Arbeitens können für den Einzelnen einen Riesenunterschied bedeuten.

„Strategien, die mir persönlich besonders gegen das Prokrastinieren von Dingen helfen, ist ein Timer und eine Deadline, sagt Uchtmann. Die Kombination der beiden Tipps ist seine Geheimwaffe: „Stellen Sie einen Timer auf eine kurze Zeitspanne von 3-10 Minuten und nehmen Sie sich vor, nur für diese Zeit mit der Aufgabe zu beginnen. Sobald der Timer abgelaufen ist, dürfen Sie die Aufgabe zur Seite legen.“ Sich zusätzlich eine Deadline zu setzen, hilft ebenfalls. Wer kennt es nicht? Wenn der Druck so groß ist, dass kein Weg mehr am Abarbeiten der Aufgabe vorbei geht, bleibt uns nichts anderes übrig, als uns ihr endlich zu stellen. Die Konsequenzen einer nicht eingehaltenen Deadline sind meist weitaus unangenehmer, als die Aufgabe selbst.

Um abends keinen Gedanken mehr an die Arbeit verschwenden zu müssen, rät Markus Dörr, sich vor dem Feierabend auf den nächsten Tag vorzubereiten. „Sammeln Sie nur die wichtigsten Aufgaben, vergeben Sie Prioritäten, schätzen Sie die Dauer der Aufgaben und legen Sie dann eine Uhrzeit ( Termin) für die Erledigung fest. Lassen Sie etwa 30% Puffer für die ad hoc Aufgaben“ – so kann am nächsten Tag strukturiert begonnen werden.

Fazit

Wenn du dir bewusst Gedanken darüber machst, warum du gerade nicht produktiv bist, kommst du der Sache meistens schnell auf den Grund und kannst Maßnahmen ergreifen, um die Sache in den Griff zu bekommen. Dann hast du bald wieder Zeit und Muße für die wichtigen Dinge im Leben.

Lydia
Autor: Lydia